Pressedienst der Stadt Neuss The Unboxing Experience - Phase 2: Resonating Voices Nach dem erfolgreichen Auftakt der zweiteiligen Ausstellungsreihe ?The Unboxing Experience? lädt das Clemens Sels Museum Neuss ab Donnerstag, 26. Juni 2025 zu Phase 2 ?Resonating Voices? ein. Im Mittelpunkt dieser Gruppenausstellung stehen internationale Gegenwartskünstlerinnen, deren Werke in einen neuen, vielschichtigen und überraschenden Dialog mit ausgewählten Arbeiten von Künstlerinnen aus der Sammlung des Museums treten. Die Geschichte und Gegenwart des Clemens Sels Museums Neuss lagen vorrangig in der Hand von Frauen ? von der Stifterin Pauline Sels bis hin zu seinen langjährigen Direktorinnen. Doch wie sieht es innerhalb der Sammlung aus? In Phase 1 des Ausstellungsprojekts ?The Unboxing Experience? hieß es: Deckel auf, Spot an! Unter dem Titel ?Do You See Her?? machten die beiden Gastkuratorinnen Lara Bader und Marlene Kurz sichtbar, welche Werke von Künstlerinnen im Depot des Clemens Sels Museums Neuss schlummern. Die Ausstellung war eine erste Bestandsaufnahme ? ein Blick auf vergessene, übersehene und neu zu befragende Positionen in der Sammlung. Zwei zentrale Sammlungsschwerpunkte traten dabei hervor: die sogenannte naive Malerei der 1960er/1970er Jahre ? also Werke in einer vereinfachten, oft kindlich wirkenden Formensprache von Künstler*innen ohne akademische Ausbildung ? sowie die Farbmalerei von den 1970er bis zu den 2010er Jahren.  Daran anknüpfend stellt Phase 2 folgende Fragen: Gibt es thematische Schwerpunkte in der Sammlung ? und interessieren sich auch junge, zeitgenössische Positionen dafür? Wo liegen die Gemeinsamkeiten und wo die Unterschiede? Als Ergebnis dieser Untersuchung widmet sich die zweite Ausstellung des Work in Progress-Projekts unter dem Titel ?Resonating Voices? anhand ausgewählter Beispiele dem Thema Raum. Dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch die Sammlung des Clemens Sels Museums Neuss: als Ort, als Konzept und als gesellschaftliche Projektionsfläche. Im Zentrum stehen unterschiedliche Raumdimensionen: der institutionelle museale Raum, der private und öffentliche Raum sowie spirituelle Räume. Dabei werden auch Fragen nach Identität, Zugehörigkeit und Heimat gestellt.  Die Kuratorinnen haben internationale, aufstrebende Künstlerinnen eingeladen, ihre Arbeiten in Dialog mit den Werken der Museumssammlung treten zu lassen, um bestehende Diskurse zu erweitern und neue Schwerpunkte zu setzen. So entstehen gleichberechtigte Gegenüberstellungen und ?Resonating Voices?, also resonierende Stimmen. Resonanz ? verstanden als Echo, Spiegelung, Widerspruch oder Weiterführung ? braucht Raum, um gehört zu werden. Im besten Fall kann das Museum selbst zum Resonanzraum werden. Die Ausstellung begreift das Museum nicht nur als Speicher von Objekten, sondern auch als lebendigen Ort des wechselseitigen Austauschs. Da den Stimmen von Frauen historisch bisher weniger Raum zugesprochen wurde, bleibt auch der zweite Teil der Ausstellung dem Ursprungskonzept treu: Gezeigt werden ausschließlich Kunstwerke von Frauen.  Im Treppenumgang treffen Papierarbeiten aus einer fünfteiligen Serie von Katharina Grosse auf raumgreifende Werke von Carolin Israel. Israels dreiteilige Aluminiumarbeit ?Blush? (2023) wird auf einer von ihr gestalteten Tapete präsentiert, während eine farbige Teppicharbeit die konventionelle Trennung von Wand und Boden durchbricht. Die installativen Arbeiten von Carolin Israel werden zu Resonanzkörpern, die die Grenzen zwischen Malerei und Raum verschieben. Zugleich werfen sie Fragen nach der Beziehung der Betrachter*innen zum Ausstellungsraum auf sowie nach dem Verhältnis von Malerei und Farbe als eigenständigem Medium. ?Prospect Center? (2024), ein experimenteller, fiktionaler Kurzfilm von Camille Dumond, der im ersten Raum des Rundgangs gezeigt wird, ist eine komplexe Auseinandersetzung mit kollektiven Räumen, mit Erinnerungen und sozialen Dynamiken. Die Erzählung einer Spurensuche nach einem vermissten Künstler in einem Archivzentrum sowie das prägnante Motiv des Hauses greifen zentrale Themen des Ausstellungsprojekts auf. Der folgende Raum vertieft diese Thematiken: Es geht um das Zuhause als Sehnsuchtsort, als Erinnerungs-, aber auch als Konfliktträger. Die Werke der naiven Malerinnen aus der Sammlung des Clemens Sels Museums Neuss, Irma Christiansen-Lippert, Vivian Ellis und Maria Korsak, verhandeln Vorstellungen von Privatheit, Herkunft und Stadt. Gemütlichkeit, der Komfort des städtischen Lebens, aber auch die Sehnsucht nach dörflicher Gemeinschaft stehen im Fokus der Werke und bilden einen prägnanten Kontrast zu den Arbeiten der Künstlerinnen Sara De Brito Faustino und Anna Bochkova. In den Serien ?A Home with No Roof? (2023?2024) und ?Constructed Memory? (2023) inszeniert De Brito Faustino die Ambivalenz des Zuhauses zwischen Geborgenheit und Bedrohung. Ausgangspunkt ist ein nachgebautes Miniaturmodell ihres Elternhauses, das sie als vieldeutige Kulisse für ihre Fotografien nutzt. Anna Bochkova thematisiert in ihrer Installation ?Amoured Concrete? (2024) aus Kartonhäusern und Keramikfiguren, wie Architektur das soziale Miteinander beeinflusst und welche Resonanzräume im Zwischenmenschlichen entstehen.  Im letzten Ausstellungsraum nehmen die Kunstwerke den privaten und öffentlichen Raum als Ort religiöser und spiritueller Praxis in den Blick. Die naive Malerin Katarzyna Gaw?owa ist bekannt für ihre Neuinterpretationen biblischer Szenen, mit denen sie unter anderem die Wände ihres gesamten Wohnhauses bemalt hat, bevor sie diese auf herkömmliche Bildträger übertrug. Auch Shannon Sinclair beschäftigt sich mit dem Thema der häuslichen Andacht, allerdings im Kontext von Trauer. Ihr schreinartiges Werk ?Your Name on a Grain of Rice? (2025) nimmt Bezug auf die Tradition der griechisch-orthodoxen Votivtafeln ? kleine Metallplättchen mit eingeprägten Motiven, die als öffentlicher Dank für erfahrene Gnade dienen. Wie wichtig Resonanz im Kontext ritueller Trauer ist, wird ebenfalls im Werk der naiven Malerin Florica Puia deutlich. Die Serie ?Mimir? (2023) von Shannon Sinclair ist hingegen Produkt eines Gesprächs mit einer KI über ihre Gottähnlichkeit, während ?constant headache? (2023) die patriarchale Zuschreibung des allmächtigen Künstlergenies hinterfragt und damit die Bedeutung ursprünglich religiös verwendeter Insignien der Macht im Heute hervorhebt und neu verortet.  Alicja Wysockas Videoarbeit ?Solstice/Equinox? (2018 ? fortlaufend) beruht auf einer langjährigen Zusammenarbeit mit der Bevölkerung des polnischen Dorfes Nowogród. Im Zentrum steht die Wiederaneignung von vorchristlichen Erntedank- und Tagundnachtgleiche-Ritualen ? einem der bedeutendsten Feste in der heidnisch-slawischen Kultur vor der Christianisierung der Region. Wysockas Arbeit verbindet dokumentarische Elemente mit performativen Momenten und reflektiert die Bedeutung dieser wiederentdeckten Traditionen für kollektive Identität und weibliches Wissen. Die Videoarbeit steht Gemälden der naiven Malerin Ludmila Procházková gegenüber, die sich mit Prozessionen im Kontext christlicher Ereignisse ? etwa Hochzeiten ? auseinandersetzt. Mit ?Resonating Voices? schafft das Clemens Sels Museum Neuss einen experimentellen Raum für weibliche künstlerische Perspektiven über Generationen hinweg und setzt ein bewusstes Zeichen gegen die historische Unsichtbarkeit von Künstlerinnen. Die Ausstellung versteht sich als Einladung, Resonanz nicht nur als Thema, sondern als erlebbares Prinzip zu erfahren ? im Raum, im Dialog, im Nachklang.  Ausstellungsprojekt ?The Unboxing Experience? Das zweiteilige Ausstellungsprojekt ?The Unboxing Experience? möchte die Bedeutung und den Stellenwert von Künstlerinnen für die Sammlung des Clemens Sels Museums Neuss sichtbar(er) machen. Es fügt sich dabei ein in den aktuellen Diskurs vieler Museen national und international, die ihre Depotbestände und Ausstellungskonzepte kritisch befragen. Dies ist ein zentraler und überfälliger Schritt in Richtung eines inklusiveren Kunstverständnisses, das die Stimmen von Künstlerinnen endlich in den Vordergrund rückt und ihre Bedeutung für die Kunstgeschichte von der Vergangenheit bis heute würdigt. Dabei ist das Museumspublikum eingeladen, diese Entdeckungsreise mitzugehen. Neben dem Projekt für das Clemens Sels Museum Neuss sind die beiden Kuratorinnen Lara Bader (GER) und Marlene Kurz (CH) als Stipendiat*innen von Residence NRW? 2024/2025 eingeladen, im Anschluss eine Ausstellung mit dem NAK Neuer Aachener Kunstverein zu entwickeln und umzusetzen. Das Projekt findet statt im Rahmen von Residence NRW?, ein Stipendienprogramm für Künstler*innen und Kurator*innen, das mit wechselnden Museen, Kunsthallen und Kunstvereinen in ganz NRW kooperiert. Residence NRW? ist ein Programm der Kunsthalle Münster, eine Einrichtung der Stadt Münster. KURATORINNEN: Lara Bader und Marlene Kurz AKTIONSTAG:Finissage & Neusser KulturnachtSamstag, 27. September 2025, 17?24 UhrZum Ausklang der Ausstellung und im Rahmen der Neusser Kulturnacht zeigt Thi My Lien Nguyen ihre Videoarbeit ?Bellies to Fill? (2023) und macht mit einer Food-Performance den Raum wortwörtlich mit allen Sinnen erfahrbar. Ihre Arbeiten greifen zentrale Themen der Ausstellung auf ? Fürsorge, Erinnerung und kulturelle Aneignung im häuslichen Kontext. Wie wird Zuhause erlebt, erinnert, konstruiert ? und wem gehört es? In dem Video wie auch in der Performance verhandelt die Künstlerin das Haus als Ort weiblicher Erfahrungswelten, generationsübergreifender Fürsorge und kultureller Aushandlung. Das Private wird politisch: Küche und Esstisch werden zu Orten der Erinnerung, des Widerstands und der kollektiven Zugehörigkeit. Ein Foto der Ausstellungseröffnung für Ihre Berichterstattung finden Sie in unserem Bildarchiv (v.l.n.r. Anna Bochkova, Marcus Lütkemeyer, Bettina Zeman, Museumsdirektorin Uta Husmeier-Schirlitz, Lara Bader, Marlene Kurz und Carolin Israel.) Editing: 2025-06-27 To the online version: https://www.neuss.de//presse/meldungen/2025/06/27/the-unboxing-experience-phase-2-resonating-voices