Italien so nah - Johann Anton Ramboux (1790-1866)

Ausstellung im Clemens Sels Museum Neuss

Vor 150 Jahren verstarb in Köln der Maler, Zeichner, Sammler, Restaurator und Kurator Johann Anton Ramboux, dessen ganz spezielles »Museum« eine verdiente Sonderstellung in der Kunstgeschichte einnimmt. Warum das so ist, zeigt das Clemens Sels Museum Neuss ab Sonntag, 13. März, bis zum 22. Mai 2016 in einer Ausstellung, die mit rund 130 Werken einen umfassenden Einblick in die Aktivitäten des Wahlrheinländers aus Trier geben und die bis heute unge­brochene Strahlkraft seiner Werke ins rechte Licht setzen wird.

Das »Museum Ramboux«, mit dem sein Schöpfer einen Ehren­platz an der Düsseldorfer Kunstakademie erlangte, ist eine far­benprächtige Sammlung von Aquarellen und Zeichnungen, die Ramboux während seiner Reisen nach Italien anfertigte und als lebendige Souvenirs in die Heimat brachte. So hat er zu einer Zeit, als der alles verändernde Siegeszug der Fotografie noch in seinen schwarz-weißen Kinderschuhen steckte, die großen Sehenswürdigkeiten in den schönsten Farben festgehalten: Kopien von Fresken, Wandmalereien und Mosaiken aus der Sixtinischen Kapelle, aus Siena und Assisi sowie aus den bei Weinkennern besonders beliebten Städten Orvieto und Ravenna.

Auf diese Weise kam eine prachtvolle »Kunstgeschichte in Ko­pien« zu Stande – ein Kompendium der schönsten Sehenswür­digkeiten, die heute längst nicht mehr so vorzufinden sind wie einst und deshalb im heutigen Betrachter zweifellos eine nos­talgische Sehnsucht wecken, ein fernes Echo jener alten Italien-Reiselust, die in früheren Jahrhunderten noch die ganz großen Entdeckungen und Abenteuer verhieß. Den Brücken­schlag zum »Museum Ramboux« bilden historische Photo­graphien aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die im Ausstellungskatalog zu sehen sind. Das Kunsthistorische Insti­tut der Max-Planck-Gesellschaft in Florenz stellte als Projekt­partner zahlreiche Aufnahmen für die Begleitpublikation  zur Verfügung. Auch diese Bilder haben ihr eigenes Flair und er­gänzen die »Exponate«, die Johann Anton Ramboux für das Rheinland importierte.

An der Düsseldorfer Akademie wurden diese »Mitbringsel« über mehrere Studentengenerationen hin als Anschauungs- und An­regungsmaterial verwandt. Ramboux selbst erhielt nach seiner zweiten Italienreise im Jahre 1843 den zweiten Kuratoren­posten der Kölner Sammlung Wallraf. Er erlebte die Neuein­richtung des Wallraf Richartz Museums, wirkte als Denkmal­pfleger, sicherte unter anderem das Philosophenmosaik, das nunmehr seit Jahrzehnten vom Römisch Germanischen Mu­seum umgeben ist, und betreute schließlich als Restaurator den Klaren-Altar im Kölner Dom. Am 2. Oktober 1866, drei Tage vor seinem 76. Geburtstag, fiel Johann Anton Ramboux der Cho­lera zum Opfer. Seine sterblichen Überreste ruhen, wie es sich für einen prominenten Kölner gehört, auf dem Melaten-Friedhof.

Bislang konnte man das »Museum Ramboux« noch nie in einer ähnlichen Geschlossenheit sehen, wie sie jetzt das Clemens Sels Museum Neuss erreicht hat. Neben den 98 eigentlichen »Ausstellungsstücken« werden weitere Arbeiten des Künstlers gezeigt, die in einem direkten Zusammenhang mit den Aqua­rellen stehen. Die Leihgaben stammen aus dem Museum Kunstpalast in Düsseldorf. Auch das Clemens Sels Museum Neuss steuert verschiedene Stücke von Ramboux und seinen Zeitgenossen bei. Der LVR Landschaftsverband Rheinland un­terstütz die einzigartige Ausstellung, die durch die historischen Photographien aus Florenz einen internationalen Anstrich er­hält.

Die Ausstellung ist dienstags bis samstags von 11 bis 17 Uhr und sonn - sowie feiertags von 11 bis 18 Uhr im Clemens Sels Museum, Am Obertor, in Neuss zu sehen. Weitere Informatio­nen können telefonisch unter der Rufnummer +49(0)2131-904141 abgefragt oder im Internet unter www.clemens-sels-museum-neuss.de nachgelesen werden.

 

Biographische Informationen

Johann Anton Ramboux wurde am 5. Oktober 1790 geboren. Erste Grund­kenntnisse seines späteren Faches erwarb er bei dem Trierer Maler und Zeichenlehrer Stephan Hawich sowie bei dem Luxemburger Benediktiner Frère Abraham d’Orval (auch bekannt als Jean Louis Gilson).

Seine weitere Ausbildung erfuhr der hoffnungsvolle Künstler in Paris, wo er von 1809 bis 1813 nicht allein im Atelier des Historienmalers Jean Louis David arbeitete, sondern auch bei Pierre Claude Gautherot und an der École des Beaux Arts studierte.

Jean-Louis David stellte dem jungen Deutschen ein berühmt gewordenes Zeugnis aus: »Ich muß gestehen, daß unter der großen Zahl an Schülern, die ich ausgebildet habe, niemand je mehr Talent gezeigt hat als der junge Ramboux; und ich fürchte nicht, daß jemand diesen lobenden Aussagen über ihn und seinen Anlagen widerspricht; er ist geboren, um dieser Kunst im Land seiner Geburt Ehre zu machen«.

 Aus der französischen Hauptstadt kehrte der inzwischen Dreiundzwanzig­jährige zunächst nach Trier zurück. Dann schrieb er sich an der Münchner Akademie ein, bevor er 1816 zu seiner ersten Rom-Reise aufbrach. Hier fand er schnell Anschluss an den Künstlerkreis der Nazarener, die sich durch eine romantische Religiosität sowie eine bedingungslose Hingabe an die Alten Meister wie Raffael und Dürer auszeichneten. Ramboux nahm leb­haften Anteil an ihrem Schaffen, besuchte ihre Zusammenkünfte und machte sich mit ihrer Kunst vertraut. Die Ideen der Nazarener prägten sein Schaffen, ohne dass er darüber die eigene Imagination aufgegeben hätte.

Um seine Kenntnisse zu vertiefen und die Freskotechnik besser zu verste­hen, durchwanderte Ramboux mit zahlreichen Freunden das Land: Bewun­dernd, zeichnend, kopierend ging es durch die Toskana bis in den italieni­schen Süden. Besonders anregend erwies sich dabei die Malerei der frühen Renaissance: »Keiner verstieg sich ins Quattro- oder gar Trecento als Ramboux allein,« schrieb der deutschen Kunsthistoriker Paul Ortwin Rave – und ganz offenbar hatte er damit die großen Urbilder der lebendigen, strah­lenden Farben erkannt, die ein Markenzeichen des deutschen Malers wur­den.

Im Sommer 1822 kam Ramboux wieder nach Trier, wo er während der nächsten zehn Jahre lebte. Damals schuf er unzählige Aquarelle mit Stadt­ansichten und Mosellandschaften. Sechzehn dieser Stücke dienten als Vor­lage der Lithographien, die er 1825 selbst herstellte und veröffentlichte. Die zweite Italienreise trat er 1832 an, schon im Jahr darauf brach er erneut nach Süden auf. Dieser Aufenthalt zog sich erheblich in die Länge: Erst im September 1842 meldete sich Ramboux zurück.

Inzwischen hatte er Landschaften und Volksszenen festgehalten, vor allem aber Kopien italienischer Fresken und Mosaiken aus vier Jahrhunderten an­gefertigt – darunter vieles aus den Sakralbauten von Assisi, Orvieto, Ravenna, Siena und Rom. Damit dokumentierte er die bislang fast unbe­kannte und infolgedessen völlig vernachlässigte Malerei vom Due- bis zum Cinquencento. Als er sich 1842 auf die Heimreise machte, hatte er einen wahrhaftigen Schatz an farbigen Zeichnungen, Pausen und Skizzen im Ge­päck, die einen Querschnitt durch die gesamte altitalienische Malerei dar­stellten.

Ein großer Teil der kolorierten Zeichnungen auf Papier gelangte schließlich als gemeinsame Stiftung des preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm (IV.) (geb. 1795; reg. 1840–1861) und der Genossenschaft des Rheinischen Ritterbürtigen Adels nach Düsseldorf mit der Auflage, sie als Lehr- und Stu­diensammlung an der Königlichen Kunstakademie Düsseldorf öffentlich aus­zustellen: Mit Unterbrechungen waren die Blätter als „Museum Ramboux“ von 1841–1918 in der Akademie zu sehen. 1921 wurden die Blätter den Städtischen Kunstsammlungen Düsseldorf übergeben und werden heute in der Grafischen Sammlung des Museums Kunst Palast in Düsseldorf aufbe­wahrt.

Seine letzten Lebensjahre verbrachte Johann Anton Ramboux in Köln, wo er als Restaurator, Kopist und Denkmalpfleger wirkte.