Historisch
Synagoge
Auf der gegenüberliegenden Seite der Promenadenstraße (heute: Sparkasse Neuss) stand bis zu ihrer Zerstörung die Synagoge der jüdischen Gemeinde in Neuss. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde sie von Neusser und Düsseldorfer SA-Männern verwüstet und in Brand gesteckt.
Der durch den preußischen Baurat Friedrich Weise (1801–1874) entworfene Bau prägte als eines der ersten repräsentativen Gebäude das Bild der neu geschaffenen Promenade. Am 29. März 1867 wurde die Synagoge, an deren Baukosten sich auch die Stadt mit 2.000 Talern beteiligt hatte, feierlich eingeweiht. An den dreitägigen Weihefeierlichkeiten nahmen zahlreiche städtische Honoratioren teil. Nur scheinbar bedeutete die Weihe für die jüdische Gemeinde eine Festschreibung ihres neuen, nahezu gleichberechtigten Status gegenüber den christlichen Gemeinden, den sie seit ihrer Gründung 1816 erlangt hatte.
Die neue Synagoge war im orientalischen Stil gehalten. Ihre Fassade bestand aus hellem und rötlichen Stein und wurde von vier Zwiebeltürmchen mit vergoldeten Davidsternen bekrönt. Ein großes Rundfenster beherrschte die Mittelachse, darüber befand sich ein Davidstern. Im reich geschmückten Innenraum setzte sich der orientalisierende Stil fort. Eine Frauenempore gab es nicht, Frauen und Männer waren lediglich durch den Mittelgang voneinander getrennt. Bis zur Einweihung der Synagoge hatten die Gottesdienste und Zusammenkünfte der jüdischen Gemeinde in einem Privathaus stattgefunden.
Bereits im 12. Jahrhundert hatte eine kleine jüdische Gemeinde in Neuss existiert, deren Leben sich zwischen dem sogenannten Judensteg im Bereich des späteren Hessentors und dem Glockhammer abspielte. Hier befand sich auch bereits eine Synagoge. 1463 wurden die Juden der Stadt verwiesen und mit einem Niederlassungsverbot belegt. Erst mit Einführung der Religionsfreiheit in der napoleonischen Besatzungszeit konnte sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts langsam wieder eine jüdische Gemeinde in Neuss bilden, die jedoch nicht sehr groß war. 1890 erreichte sie mit 300 Mitgliedern ihre Höchstzahl.
1933 lebten nicht mehr als 227 Bürger jüdischen Glaubens in Neuss, die in den folgenden Jahren zunehmender Verfolgung ausgesetzt waren. Mindestens 204 damalige oder frühere Mitglieder der Synagogengemeinde Neuss wurden unter der nationalsozialistischen Herrschaft deportiert und ermordet, nur wenigen gelang die Flucht ins Exil. An die Opfer erinnern heute der von Ulrich Rückriem gestaltete Gedenkstein gegenüber der ehemaligen Synagoge und zahlreiche Stolpersteine im Stadtgebiet.
Mit dem Zuzug zahlreicher jüdischer Familien aus der ehemaligen Sowjetunion bildete sich seit Beginn der 1990er Jahre wieder eine jüdische Gemeinschaft in Neuss, die 2008 als „Filialgemeinde“ der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf das Alexander-Bederov-Zentrum an der Leostraße bezog.
Chronologie
- 12. Jhdt. Existenz einer jüdischen Gemeinde in Neuss
- 14./15. Jhdt. Erste Synagoge am Glockhammer
- 1463 Vertreibung der Juden aus Neuss, Niederlassungsverbot
- 1794 Beginn der Franzosenzeit in Neuss, mit der Religionsfreiheit Zuzug jüdischer Bürger
- 1858 Gründung der Neusser Synagogengemeinde
- 1867 Feierliche Einweihung der Synagoge an der Promenade
- 1938 Zerstörung der Synagoge in der Pogromnacht
- 1988 Besuch ehemaliger jüdischer Bürger und ihrer Familien in Neuss
- 1995 Einweihung des Mahnmals an der Promenadenstraße
- 2008 Eröffnung des jüdischen Gemeindezentrums an der Leostraße (Seit 2014: Alexander-Bederov-Zentrum)
Quellen und Texte: Stadtarchiv Neuss
Grafisches Konzept: Cornelius Uerlichs
Diese Tafel wurde gestiftet von der Sparkasse Neuss