„Hairspray“-Ensemble probt Musical per Video
„Hairspray“-Ensemble probt Musical per Video

„Hairspray“-Ensemble probt Musical per Video

Bisher haben die Darsteller des Musicals unter Regisseur Sven Post online geprobt. Im Juni geht es zurück in die Alte Post. Dort kann zumindest in kleinen Gruppen wieder zusammen geprobt werden. Lesen Sie den Bericht von Helga Bittner aus der NGZ vom 18. Mai 2020

„Hairspray“ – das ist ein Musical gegen Ausgrenzung, Unterdrückung, Rassismus und Doppelmoral. Im Baltimore der 1960er Jahre treffen Schwarz und Weiß, korpulent und schlank, Rollenklischee und Emanzipation aufeinander. In einer Show mit viel Musik, Tanz und Dialogen geht es in der neuen Produktion der Neusser Musicalwochen um Themen, die auch heute noch aktuell sind.
Aktuell ist aber auch die Tatsache, dass das Ensemble nicht unter Normalbedingungen proben darf. Regisseur Sven Post, der musikalische Leiter Edwin Schulz und Choreographin Vica Wohlleber treffen alle Darsteller jeden Samstag gemeinsam online. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Einzelproben, damit beim großen Tag der Premiere alles sitzt. „Das Proben online ist nicht ideal, aber es funktioniert erstaunlich gut. Mir gefällt dabei, dass ich mein Augenmerk noch präziser auf die Texte und die Präsentationsart legen kann“, sagt Regisseur Sven Post.

Ab Juni dürfen die Ensemblemitglieder wieder in der Alten Post proben. In kleinen Gruppen, natürlich mit Abstand und allen weiteren Bedingungen. 25 Mitglieder gehören zum Ensemble, aber dass alle zusammen in die Alte Post gerufen werden können, ist für den Regisseur unwahrscheinlich. „Acht Leute dürfen auf die Bühne“, sagt er, „und sechs im Probenraum zu den Tanzszenen arbeiten.“

Für die Sprechtexte sei das Proben per Video weniger schwierig, meint er, aber ganz anders sei das bei den Choreographien. Manche kleine Geste sei für die Choreographin am Computer kaum zu entdecken, meint er, schmunzelt zwar bei der Erzählung, wie die Tanzprobe vonstatten geht („Vica tanzt vor, und jeder tanzt zu Hause vor der Kamera nach“), aber hat gleichzeitig auch den größten Respekt.
„Es ist eben eine Ausnahmesituation“, kommentiert Wohlleber, „das ist sehr neu, aber ich bin erstaunt, wie gut alles vorangeht. Im Ensemble spüre ich eine gute Stimmung, die überträgt sich auf mich. Bei den Choreographien kann ich zwar online wenig korrigieren – aber das gute Gefühl kommt trotzdem rüber, und ich bin guter Dinge, dass wir das schaffen.“

Voll des Lobes für dieses „wirklich tolle Ensemble“ ist auch der Regisseur. Post hat zudem festgestellt, dass die Jugendlichen so pünktlich und so vollzählig wie sonst selten sich samstags für die Zoom-Probe um 10 Uhr bereithalten: „Ich merke einfach, wie alle das aufsaugen, was da passiert“, sagt er und führt das auch darauf zurück, dass die meisten Jugendlichen ohnehin zu Hause hocken und regelrecht froh sind, dass sie etwas machen können. Nach dem Casting hat es von Januar bis Mitte März einige „Hairspray“-Proben live gegeben, aber auch jetzt zeigten sich alle „top vorbereitet“, sagt Post.
„Wir haben technisch super Möglichkeiten“, erzählt Edwin Schulz als musikalischer Leiter, „man muss jetzt einfach gucken, dass man schon so viel wie möglich vorbereitet. Wir haben Noten rumgeschickt, wir arbeiten sehr viel mit Videos, trainieren die Chorstimmen über eine App und halten uns in guter Gewohnheit auch online mit Einsing-Übungen fit.“

Im Blick haben die „Hairspray“-Macher dabei die geplante Premiere und weitere Aufführungen im September im Globe-Theater. Alle setzen darauf, dass sie „ihre“ Produktion tatsächlich zeigen können. „Doch irgendwann müssen wir richtig proben können“, betont Sven Post. „Darstellerisch, tänzerisch und selbst die Arbeit mit der Band bekommen wir hin“, sagt er entschieden, „aber Proben mit den Chören, die noch nicht dabei sein dürfen, geht eigentlich nur im direkten Kontakt.“
 
Der Regisseur sieht bislang keinen Anlass, seinen Probenplan zu ändern. Aber er weiß auch: „Nun beginnt die Zeit, in der wir predigen müssen“, und meint damit die Rückkehr in die Alte Post, die in dem Moment wieder vorbei ist, wenn einer aus dem Team das Coronovirus einschleppt. „Dann müssen wir in Quarantäne“, sagt er nüchtern, hofft daher, dass das nicht passiert.

Info
Als „Bestes Musical“ 2003 ausgezeichnetDas Musical Es entstand nach dem gleichnamigen Film von Jpohn Waters von 1888, die Uraufführung der Musicalversion war 2002 in New York. In der Schweiz gab es rund sechs Jahre später die deutschsprachige Erstaufführung, bis etwa 2010 war es in Köln zu sehen. Bei den Tony Awards 2003 war das Musical mit acht Auszeichnungen höchst erfolgreich, gewann unter anderem in der Kategorie „Bestes Musical“.