4.4.2 Verkehrsqualitäten

Ergänzend zu den Bewertungen der ÖPNV-Belastungen im Liniennetz erfolgen qualitative Bewertungen hinsichtlich der mittleren Bedienungshäufigkeit, der mittleren Reisezeit, der mittleren Umsteigehäufigkeit, der mittleren Verbindungshäufigkeit und der Reisezeit im Vergleich zum MIV. Entsprechend der Planungsziele sollten hier Verbesserungen durch die vorgeschlagenen Maßnahmen auftreten.
Hierbei sei darauf hingewiesen, dass Verbesserungen im ÖPNV immer auch die wirtschaftliche Vertretbarkeit zu berücksichtigen haben. Quantitative Angebotsverbesserungen sind ohne zusätzlichen Zuschussbedarf kaum möglich, da i. d. R. zusätzliche Personale oder Fahrzeuge benötigt werden. Nur in Ausnahmefällen können durch eine Änderung der Linienführung größere Nutzerpotenziale erschlossen werden.
Für wesentliche Verbesserungen müssen zudem bedeutende Nachfrageströme auf einer Relation vorhanden sein, um ein entsprechendes Leistungsangebot vorzuhalten. Dort, wo keine Angebotsverbesserungen hiernach angeboten werden können, können i. d. R. auch keine nachweisbaren Verbesserungen bei den qualitativen Bewertungskriterien festgestellt werden.
Durch das vorgeschlagene Maßnahmenpaket wird der ÖPNV in der Stadt Neuss insgesamt verbessert, was am deutlichsten am Reisezeitverhältnis zwischen ÖPNV und MIV ablesbar ist. Bereiche, in denen der ÖPNV eine über 3,5 mal längere Reisezeit gegenüber dem MIV aufweist, wie in der Analyse noch dargestellt, treten nach Realisierung der Maßnahmen nicht mehr auf. Die größten Verbesserungen sind im Bereich Rosellen/Allerheiligen feststellbar, wo durch den S-Bahn-Hp Allerheiligen, die Buslinie 850 und die Bürgerbuslinie das ÖPNV-Angebot erheblich verbessert wird.

Ähnliche Verbesserungen sind auch im Hammfeld, auf der Hafenmole 1 und in den Bereichen Hoisten, Weckhoven und Holzheim feststellbar.


Anzahl Verkehrszellen mit Verbesserung um
Bild 4/3: Auswertung der Verbesserung des Reisezeitverhältnisses ÖV – IV
(Basis: 131 Verkehrszellen; Einteilung: 6 Stufen)
Verbesserung 3 Stufen 2 Stufen 1 Stufe
Reisezeitverhältnis ÖV – IV 3 10 38

Diese Verbesserungen des Reisezeitverhältnisses ÖPNVMIV sind das Ergebnis einer Vielzahl von Verbesserungen bei den Verbindungshäufigkeiten und den Umstiegsnotwendigkeiten. In der mittleren Verbindungshäufigkeit wird nach den Planungszielen die Qualitätsstufe 1 analog des Nahverkehrsplanes des Kreises Neuss angestrebt. Während in der Analyse nur in Ausnahmefällen durchschnittliche bis überdurchschnittliche Bewertungen auftreten, können mit den vorgeschlagenen Maßnahmen sogar gute bis sehr gute Bewertungen erreicht werden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen und die der Prognose bereits unterstellten Maßnahmen führen in einigen Bereichen zu einem Übergang von überprüfenswert zu durchschnittlich und besser. Dies gilt für die Stadtteile Rosellen, Allerheiligen und Norf, wo durch die Maßnahmen im Rahmen der Einrichtung des S-Bahn-Hp Allerheiligen und des vorgeschlagenen Maßnahmenpaketes deutliche Angebotsmehrungen auftreten.

Auch im Verlauf der veränderten Linienverläufe der Buslinien 848 und 849 sind Verbesserungen vor allem im Stadionviertel, Dreikönigenviertel, Augustinus-viertel und in der Pomona erkennbar.

Durch die neue Buslinie Norf – Taubental – Hbf profitiert der Stadtteil Gnadental, durch die Bürgerbuslinie die Stadtteile Holzheim und Hoisten.

Verbesserung
Verbindungshäufigkeiten
Anzahl Verkehrszellen mit Verbesserung um
>2 Stufen 2 Stufen 1 Stufe
Bild 4/4: Auswertung der Verbesserung der Verbindungshäufigkeiten nach den Qualitätsstufen 1 und 2
(Basis: 131 Verkehrszellen; Einteilung: 5 Stufen)
QS 1 1 12 26
QS 2 10 1 17

In allen anderen Bereichen können durch die vorgeschlagenen Maßnahmen keine Verbesserungen hinsichtlich der Verbindungsqualität Qualitätsstufe 1 (QS 1) erreicht werden. Bedingt durch die Beachtung der Wirtschaftlichkeit können für sehr differenzierte Nachfrageströme keine zusätzlichen Angebotsverbesserungen vorgeschlagen werden. Für viele Bereiche der Stadt Neuss trifft dies zu. Hier könnte nur mit erheblichen finanziellem Aufwand eine Angebotsverbesserung erreicht werden.

Von einer Verbesserung der Verbindungshäufigkeiten nach QS 1 profitieren in Neuss insgesamt rd. 56.160 Einwohner (rd. 37 %). Aufgrund der bereits in der Analyse guten Verbindungsqualität nach QS 2 kommt eine weitere Verbesserung durch die Maßnahmen nur noch rd. 30.000 Einwohnern zugute.

Auch bei der Qualitätsstufe 2 der Verbindungsqualität, die eine wesentlich geringere Anzahl an Verbindungen für eine durchschnittliche Bewertung unterstellt, können nicht in allen nach der Analyse als überprüfenswert eingestuften Verkehrszellen Verbesserungen erreicht werden. Überprüfenswert bleibt ein Bereich in Vogelsang (Bolssiedlung) und im nördlich der Bahnlinie S 8 Neuss – Mönchengladbach gelegenen Stadionviertel.

Die vorgeschlagenen Modifikationen im ÖPNV-Liniennetz und Netzergänzungen führen auch bei der Reisezeit im ÖPNV zu Verbesserungen, allerdings beschränken sich hier die Verbesserungen i. d. R. auf Bereiche, die bereits in der Analyse nicht überprüfenswert sind. Hier sind teilweise deutliche Höherstufungen feststellbar. Nur in Ausnahmen verbessert sich die Bewertung von überprüfenswert zu durchschnittlich, wie z.B. in Bereichen von Grimlinghausen.

Bei einer Auswertung der Reisezeitverkürzung je Verkehrszelle können für einzelne Zellen in Uedesheim mit über 30 Minuten deutliche Reisezeitverkürzungen festgestellt werden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen im Neusser Süden führen vor allem hier zu Reisezeitverkürzungen von teilweise über 15 Minuten (Bild 4/5).

Trotz dieser Angebotsverbesserung im Neusser Süden bleibt, bezogen auf die Gesamtreisezeit, vielfach eine überprüfenswerte Situation vorhanden. Aufgrund der wenig gebündelten Verkehrsnachfrage können vielfach nur Umsteigeverbindungen angeboten werden, die sich hinsichtlich der Reisezeit von der Quelle zum Ziel insgesamt schlecht darstellen. Zeitlich schnelle Verbindungen können hier nur mit einem verhältnismäßig großen Mehraufwand angeboten werden.

Anzahl Verkehrszellen mit Verbesserung um


Bild 4/5: Auswertung der mittleren Reisezeit Prognose mit Maßnahmen
(Basis: 131 Verkehrszellen)
> 30 Minuten > 15 Minuten > 10 Minuten > 5 Minuten
2 5 7 12

Ein ähnliches Bild stellt sich für die mittlere Umsteigehäufigkeit dar. Auch hier sind fast nur in den Bereichen deutliche Verbesserungen eingetreten, in denen in der Analyse bereits keine überprüfenswerte Situation vorliegt. Ausnahmen sind hier im Bereich von Allerheiligen, wo der neue S-Bahn-Haltepunkt zu einer wesentlichen Änderung beiträgt, und im Bereich von Reuschenberg und Grimlinghausen durch die Busangebote erkennbar.

Die Änderungen im ÖPNV-Angebot und die sich verändernden Angebots- und Bedienungsqualitäten spiegeln sich ebenfalls als Folge in den Modal-Split-Veränderungen zu Gunsten des ÖPNV wider. Hierbei wirken Maßnahmen im Straßennetz allerdings gegenteilig, so dass hier auch Abnahmen des Modal-Splits deutlich werden.

Im Kerngebiet der Stadt Neuss ist nahezu durchgängig ein mit über 30 % hoher Modal-Split-Anteil ausgewiesen. In der Neusser Nordstadt, dem Stadionviertel und dem Hafengebiet können nur geringe zusätzliche Anteile für den ÖPNV generiert werden. Modal-Split-Erhöhungen können durch die vorgeschlagenen Maßnahmen vor allem in der Pomona, im Dreikönigenviertel und im Augustinusviertel erreicht werden.

In den südlich der Autobahn A 57 gelegenen Stadtteilen kann in Teilen der Modal-Split auch zu Gunsten des ÖPNV verschoben werden. Allerdings treten hier durch die vorgeschlagenen Netzergänzungen und dem unterstellten Ausbau der Autobahnen deutliche Verbesserungen im Straßennetz auf, wodurch sich Verschiebungen zu Gunsten des MIV ergeben. Durch den neuen S-Bahn-Haltepunkt Allerheiligen steigt der Anteil des ÖPNV in dem unmittelbar angrenzenden Bereich an. Auch in den Bereichen, die durch die neuen Buslinien und die Verlängerung der Buslinie 844 betroffen sind, treten vielfach Erhöhungen des Modal-Splits auf.

Der Wegfall der Buslinie 878 führt allerdings hier zu einem gegenteiligen Effekt, der durch die Netzergänzungen und die neue Anschlussstelle Dormagen – Delrath zudem begünstigt wird.

Insgesamt steigt der Modal-Split in mehr Verkehrszellen an, als das er in in einzelnen Zellen sinkt (Bild 4/6).

Anzahl Verkehrszellen mit Veränderung des Modal-Split um


Bild 4/6: Auswertung der Modal-Split-Veränderung Prognose – Analyse
(Basis: 131 Verkehrszellen)
< -10 % < -5 % > 5 % > 10 %
2 10 27 6

Durch die vorgeschlagenen Maßnahmen wird die Verkehrssituation zu Gunsten des Umweltverbundes in der Stadt Neuss verbessert, was sich in den vorgenannten Bewertungen auch ablesen läßt. Positive Veränderungen der mittleren Bewertungskriterien sind großteils vorhanden, allerdings reichen diese Veränderungen nicht unbedingt zu einem Sprung über die gewählten Klassengrenzen aus.