10.12.1999 Sensibilisierung in Sachen "Korruption"
"Was zur Zeit geschieht, ist der Wandel von Gemeinwohl zum Mein-Wohl". Mit diesem...
...griffigen Satz brachte Unternehmensberater Jürgen Stierle während eines Seminars zur Korruptionsprävention im Neusser Rathaus ein Problem auf den Punkt, mit dem sich alle Teile der Gesellschaft zur Zeit auseinandersetzen müssen. Bestechlichkeit und Vorteilsnahme sind die hässlichen Gesichter dieser Entwicklung, die, wie zahlreiche Fälle in der Vergangenheit gezeigt haben, auch vor den Rathäusern nicht halt macht. Korruptionsverfahren gegen Mitarbeiter von Stadtverwaltungen in Wuppertal, Köln oder Frankfurt haben wochenlang die Medien beschäftigt. Groß war denn auch das Interesse der an dem Seminar teilnehmenden Mitarbeiter aus den unterschiedlichsten Bereichen der Neusser Verwaltung, etwas über den strafrechtlichen Tatbestand "Korruption" sowie die Möglichkeiten seiner Vermeidung zu lernen. Korruption stellt sich häufig als Kontrolldelikt dar. Es ist Folge von mangelnden Kontrollmechanismen und Missmanagement. Praktische Beispiele steuerte Franz Josef Meuter vom Landeskriminalamt NRW bei, der sich seit fast acht Jahren als verantwortlicher Leiter einer Ermittlungskommission ausschießlich mit der Bekämpfung der Korruptionskriminalität beschäftigt. Angefangen hatte alles mit einem Fall, bei dem Ölfässer und kontaminierter Bauschutt im Autobahnohr Neuss-Holzheim abgelagert worden war. Durch die Ermittlungen kamen die korrupten Machenschaften von Mitarbeitern der Autobahnmeisterei zu Tage. Diesem Verfahren folgten zahlreiche spektakuläre Fälle, die als Korruptionsverfahren gegen das sogenannte Schilderkartell und die Mittelstreifenmafia durch die Presse ging. Meuter erläuterte, daß der Gesetzgeber nicht zuletzt aufgrund dieser Verfahren die entsprechenden Paragraphen im Strafgesetzbuch 1997 wesentlich verschärft hat. Auch durch das ein Jahr später in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der organisierten Kriminalität wurden maßgebliche Erweiterungen der Straftatbestände vorgenommen. Das Gesetz sieht Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren vor. Dies gilt sowohl für denjenigen, der sich bestechen läßt, wie auch für den, der besticht. Meuter: "Wir müssen weg von der Meinung, daß es sich bei Korruption nur um ein "Kavaliersdelikt" handelt." Die finanzielle Schädigung der Allgemeinheit ist erheblich. Der Schaden wird von Insider auf fünf bis zehn Milliarden Mark jährlich geschätzt. Der Verlust des Vertrauens in die Integrität und Funktionsfähigkeit staatlicher Organe ist noch gravierender. Korruption wird von fast allen Staaten zunehmend als Problem "ersten Ranges" angesehen und erhält aufgrund der Globalisierung der Märkte immer mehr eine internationale Dimension. Seit 1994 ist ein stetiger Anstieg festzustellen. Korruptionsprävention, so Franz Josef Meuter, verlangt den gemeinsamen Schulterschluss von Gesellschaft, Politik, Öffentlicher Verwaltung, Wirtschaft, Strafverfolgung und den Bürgern. Das Unrechtsbewußtsein muß gestärkt werden. Eine Aufgabe, der sich alle stellen müssen. *