05.04.2004 - Teufelswerkzeug auf Neusser Tischen

Neuss (PN/Kl/001). Ob Bürger oder Bauersmann, der mittelalterliche Mensch aß gemeinhin mit den Fingern, und zwar so, wie es ihm schmeckte. Verhaltensregeln für das Benehmen bei Tisch gab es nur für den Adel. „Tischzuchten“ legten dem jungen Edelmann nahe, nicht in das Tischtuch zu schneuzen, das Suchen nach Läusen während des Essens zu unterlassen und nicht zusammen mit seinem Nachbarn aus einer Schüssel zu löffeln.

Messer dienten nur zum Zerschneiden des Fleisches, Löffel zum Essen des Breis. Gabeln waren zwar bekannt, wurden aber recht selten benutzt und dienten fast ausschließlich zum Vorlegen des Fleisches. Wegen ihrer zwei Zinken wurden sie oft als Werkzeuge des Teufels angesehen, weshalb viele Adelige und Kleriker das satanische Essgerät gänzlich ablehnten.Erst die vornehmen Venezianer machten die Gabel im 15. Jh. salonfähig. Zögerlich begann sich nun auch der europäische Adel mit dem neuen Utensil zu befassen. Und die vornehmen Bürger, die dem Adel nicht nachstehen wollten, folgten. Um 1720 hatte der Siegeszug der Gabel auch Neuss erreicht: Dies beweist ein Teller, der bei der Ausgrabung eines Wohnhauses am Neusser Markt gefunden wurde und vom 23. Mai bis zum 25. Juli 2004 in der Ausstellung "Teller, Töpfer, Traditionen" im Clemens-Sels-Museum zu sehen ist. Stolz zeigt das Geschirrstück das neumodische Besteckpaar Messer und Gabel und tut so allen Betrachtern Kund, dass sein Besitzer schon um die neuartigen feinen Tischsitten wusste. Auf dem Lande brauchte man allerdings noch etwas länger, um sich mit dem umständlichen Werkzeug und den damit verbundenen feinen Tischsitten anzufreunden. Noch um 1830 löffelten am Niederrhein auf manchen Höfen alle Bewohner - Bauer und Bäuerin, Kinder, Knechte wie Mägde - gemeinsam aus einer Schüssel.

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