09.11.2005 - Neuss gedenkt der Opfer der Progrome von 1938

Neuss (PN/kl). Mit einer Gedenkstunde am Mahnmal an der Promenadenstraße hat die Stadt am 9. November der jüdischen Opfer der Progrome des Jahres 1938 in Neuss gedacht.

In seiner Rede vor Bürgerinnen und Bürgern sowie mehreren 100 Schülern hob Bürgermeister Herbert Napp hervor, dass Menschen jüdischen Glaubens heute wieder eine Heimat in Neuss gefunden haben. Er bezeichnete dies als ein ermutigendes Zeichen und einen Glücksfall für die Stadt. Napp wies auf den im Jahre 2003 abgeschlossenen Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Zentralrat der Juden hin, der vom Wunsch geleitet ist, den Wiederaufbau jüdischen Lebens in Deutschland zu fördern. In Neuss geschehe dies durch den Beschluß des Rates zum Bau eines jüdischen Gemeindezentrums an der Promenadenstraße.
Professor Dr. Stefan Rohrbacher von der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf ging in seinem Vortrag auf die fragile Balance im christlichen und jüdischen Zusammenleben in Lauf der Jahrhunderte ein. 1867 war die jüdische Synagoge an der Promenadenstraße mit, so Rohrbacher, „demonstrativer Unterstützung der Stadt“ im orientalischen Bauspiel errichtet worden. Damals hatten die Juden keine Angst, auf ihr Anderssein und den Unterschied zu ihren christlich geprägten Mitbürgern hinzuweisen. Rohrbacher: Das Jüdische konnte mit Selbstverständlichkeit gelebt werden. Wie verletzlich diese Balance des Zusammenlebens jedoch auch schon lange vor dem Nationalsozialismus war, machte Rohrbacher an zwei Beispielen auf dem Jahre 1834 und 1892/93 deutlich, wo es bei wochenlangen Unruhen zu Ausschreitungen gegen die jüdische Minderheit in Neuss gekommen war.
Auf einzelne Schicksale jüdischer Mitbürgerinnen und Mitbürger gingen dagegen Schülerinnen und Schüler des Marie-Curie-Gymnasiums bei der Gedenkstunde ein. In ihrem Vortrag griffen sie drei Bespiele aus Neuss heraus und versuchten, sich in diese Menschen hineinzuversetzen und so die Ereignisse dieser Nacht nachvollziehbar zu machen.
Die Gedenkstunde endete mit einem auf Hebräisch vorgetragenen Totengebet für die Märtyrer der Schoa.
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