24.01.2008 - Ein Neusser Erfolgsmodell | Entwicklung der offenen Ganztagsschule in Neuss
Neuss (PN/Fi). Die Stadt Neuss hat sich den Einstieg in die offene Ganztagsschule nicht leicht gemacht: Noch im März 2003, kurz nach dem Erscheinen des entsprechenden Landeserlasses, beschließt der Stadtrat, dass sich Neuss im Schuljahr 2003/2004 nicht an der offenen Ganztagsschule beteiligt und beauftragt die Verwaltung, zunächst die Entwicklung in anderen Städten und Gemeinden zu beobachten und verfahrensrechtliche Fragen zu prüfen.
Im Dezember 2003 beschließt der Rat ein „Rahmenkonzept offene Ganztagsschule in der Stadt Neuss“, das „Neusser Modell“, nach dem ab dem Schuljahr 2004/2005 sechs Grundschulen, die entsprechende konzeptionelle Vorarbeit geleistet haben, in offene Ganztagsschulen umgewandelt werden. Es wird eine Steuerungsgruppe, bestehend aus den Dezernenten für Schule und Jugend, den Amtsleitern des Schulverwaltungs- und des Jugendamtes und weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der beiden Ämter gebildet. Mit den Spitzenverbänden der Wohlfahrtspflege, den städtischen Kultureinrichtungen sowie mit dem Kreissportbund und dem Stadtsportverband werden Möglichkeiten der Kooperation erörtert. Vier Jugendhilfeträger, davon zwei aus der Schulbetreuung hervorgegangene Vereine übernehmen die Trägerschaften an den Schulen. Die Entscheidung für die Träger fällt auf Beschluss der jeweiligen Schulkonferenzen und in Abstimmung mit dem Schulträger. Der Schulträger und die Schule schließen mit dem Träger jeweils einen stadteinheitlichen Kooperationsvertrag ab. Zwischen Träger und Erziehungsberechtigten werden stadteinheitliche Betreuungsverträge abgeschlossen.
Jede Schule hat – in Abstimmung und Kooperation mit dem Träger - ein eigenständiges Konzept entwickelt, das stark auf die jeweilige Situation vor Ort ausgerichtet ist. In ständigem Kontakt zwischen Schule und Träger wird das Konzept konkretisiert und fortgeschrieben. Durch Kooperationsvereinbarungen mit weiteren Partnern (Sportvereine, Stadtbibliothek, Archiv, Kulturforum Alte Post und andere Anbieter) werden weitere Angebote in die OGS integriert. Einige beteiligte Schulen haben Kooperationsvereinbarungen für zusätzliche Angebote außerhalb der offenen Ganztagsschule abgeschlossen (etwa mit dem Kulturforum Alte Post, Musikschule, Theaterpädagogen), an denen teilweise gegen Teilnehmerbeiträge alle Schülerinnen und Schüler der Schule teilnehmen können. Einige Schulen bieten parallel zur OGS die Vormittagsbetreuung „acht bis eins“ an. Durch die Umwandlung in OGS sind zunächst keine Horte tangiert; die an den betreffenden Schulen eingerichteten Betreuungsmaßnahmen SiT, „acht bis eins“ (teilweise) und „13 +“ werden eingebracht.
Zum Schuljahr 2005/2006 beschließt der Stadtrat die Einführung der offenen Ganztagsschule an acht weiteren Grundschulen, vier neue Träger kommen hinzu, davon zwei Schulfördervereine. Die an den betreffenden Schulen eingerichteten Betreuungsmaßnahmen SiT, „acht bis eins“ (teilweise) und „13 plus“ sowie zwei Hortgruppen werden eingebracht. Zum Schuljahr 2006/2007 kommen zehn weitere Grundschulen hinzu, drei weitere Träger übernehmen die Verantwortung, davon ein Schulförderverein. Es werden 250 Hortplätze (13 Gruppen) und drei SiT-Gruppen überführt. Vier Schulstandorte (Derikum, Erfttal, Weckhoven und Weißenberg) werden – aufgrund schwieriger sozialräumlicher Bedingungen – im Rahmen des Modellprojekts „OGS-Plus“ mit zusätzlichen personellen und finanziellen Ressourcen gefördert. Ab Februar 2008 ist diese erweiterte Förderung auch für die Barbaraschule vorgesehen.
Seit Beginn des Schuljahres 2007/2008 sind alle städtischen Grund- und Förderschulen offene Ganztagsschulen. Damit gehört Neuss zu den wenigen Großstädten in Nordrhein-Westfalen, die das Programm flächendeckend umgesetzt haben. Weitere etwa 130 Hortplätze werden in die offene Ganztagsschule überführt. Für Kinder mit besonderen sozialpädagogischen Förderbedarfen sollen rund 170 Hortplätze in der Stadt Neuss erhalten bleiben. Die Bedarfe werden nach einem mit den Hortträgern vereinbarten und durch den Jugendhilfeausschuss beschlossenen Neun-Punkte-Plan ermittelt. Es wird damit gerechnet, dass letztendlich etwa 2500 Kinder, das entspricht rund 40 Prozent der Grundschülerinnen und –schüler in Neuss am Angebot der offenen Ganztagsschule teilnehmen werden. Rechnet man 230 Plätze in Horten und „großen altersgemischten Gruppen“ sowie 180 Plätze in der Maßnahme „verlässliche Schule von acht bis eins“ hinzu, wird ein Versorgungsgrad von über 46 Prozent erreicht. In der Sekundarstufe I setzt sich dieser Trend fort: Im laufenden Schuljahr werden bis einschließlich Klasse acht etwa 1.700 Schülerinnen und Schüler in fünf gebundenen Ganztagsschulen, nämlich in den beiden Gesamtschulen, den beiden Ganztagshauptschulen und der Ganztagsrealschule Norf, unterrichtet. Hinzu kommen rund 270 Plätze „Dreizehn plus“ an vier Realschulen, zwei Gymnasien und einer Hauptschule, sodass auch hier bereits ein Versorgungsgrad von mehr als 33 Prozent erreicht ist.
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