07.05.2008 - AnhalterInnen – Ausstellung von Studierenden und Absolventen der Düsseldorfer Kunstakademie in der Alten Post

Die „AnhalterInnen“ reizt die Gelegenheit. Alle drei Künstler, die in diesem Jahr im Auftrag des Fördervereines der Alten Post von Susanne Ristow zu einer Präsentation ihrer Positionen ins Kulturforum Alte Post vom 8. Mai bis zum 22. Juni 2008 eingeladen wurden, beschäftigen sich mit der Gelegenheit, den unaufhörlichen Fluss der Bilder aufzuhalten.

Während im letzten Jahr bei der Auswahl junger Künstler von der Düsseldorfer Akademie („Meine Nachbarn waren begeistert“) gegenständliche Motive vorherrschten, wurden bei der diesjährigen Präsentation bewusst abstrakte Positionen bevorzugt.

Sabrina Haunsperger (*1980) kam aus Österreich zum Kunststudium nach Düsseldorf, um hier unter dem Einfluss des Schweizers Helmut Federle und ihres Landmannes Herbert Brandl zu ihren ganz eigenen abstrakten Bewegungsmomenten in sehr großformatigen Bildern zu finden. Haunsperger hat soeben ihr Studium beendet und wurde in den letzten Wochen mit einigen bedeutenden Preisen ausgezeichnet. Dabei wurde besonders die Frische und Energetik ihrer Malerei bemerkt. Sie zeigt neben visionären, schwebenden und dennoch intensiv flirrenden Sprayarbeiten auch einen wuchtigen Farbüberfall in Pink, der die Besucher im Entree der Ausstellung erwartet. Beinahe erscheint dies als farbige Referenz an die tiefpinke Wand der Ausstellung im letzten Jahr.

An deren Stelle tritt bei der diesjährigen Fördervereinsausstellung kühles Grau, das der konzeptuellen Position des einzigen Noch-Studenten den notwendigen Raum verschafft: Julian Kirchner (*1983) hält den „spontanen“ Gestus der Nachkriegsabstraktion (z.B. eines Jackson Pollock) in Holz geschnitzt an und zwingt in einer Videoarbeit einen Wagen am Bahnübergang in die Warteschleife vor einem nicht enden wollenden Zug. Beim Betreten der Ausstellung wird der Besucher mit seinen höchst aufwendigen Sinnbildern der Verfahrenheit (Unmöglichkeit?) des Bemühens um tragfähige künstlerische Gesten konfrontiert. Dass an den scheinbar lässig an die Wand gelehnten Tafeln der enorme Kraftakt der Herstellung sichtbar bleibt, verleiht ihnen die Qualität sinnlicher Konzeptkunst. Die Klasse seines Lehrers Martin Gostner fiel beim diesjährigen Akademierundgang durch Präzision und konzeptuelle Unverbrauchtheit auf. Kirchner transportiert eben diese Strenge und präzise Poetik in das Umfeld seiner in manchen Momenten fast barock anmutenden Kollegen. Besonders im Obergeschoß der Alten Post entwickelt er ein intensives Gespräch mit den Werken des männlichen Anhalterkollegen. Zur schwindenden Kultur des Anhaltertums gehört es, dass die Reisenden sich am Beginn der Reise nicht kennen, einander am Straßenrand fremdelnd begegnen, dann aber eintauchend in den Verkehrsfluss innerhalb des gleichen und zufälligen Raumes auf dem Weg ins Fernere ungeahnte Gemeinsamkeiten finden (müssen).

Alex Mertins (*1974) hat sich schon vor einigen Monaten von der Akademie und seiner Professorin Rita McBride verabschiedet und die ungewisse Reise der „AnhalterInnen“ in Begleitung seiner multimateriellen Plastiken begonnen, die den Eindruck machen, sie seien mitten in der Bewegung vom Künstler zum Innehalten aufgefordert worden. Eine ganz besondere Rolle spielen Bücher als ganz eigene Kunst-Räume in seinem Werk. Melvilles „Moby Dick“ und Rimbauds Gedichte in französisch-deutscher Version entwickeln neben geschwungenen Holz- oder Kunststoffelementen, Windungen aus Draht, Gewebe und Gummi und faszinierenden Ab- und Ausformungen plastische Qualität. Anstelle des bildlichen Erzählens tritt das Buch selbst. Repräsentation einmal ganz anders. Daher hat er auch beschlossen, die Ausstellung um eine Bibliothek zu bereichern: Im Separée im Eingangsbereich entsteht ein Rückzugsort für den lesenden Reisenden. Wer weiß, vielleicht werden die Besucher der Ausstellung darüber ja selbst noch zu AnhalterInnen.
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