05.04.2007 - Römer zum Anfassen

Neuss (PN/kl). Die originalgetreue Nachbildung einer fast vollständigen römischen Legionärsausrüstung konnte jetzt das Clemens-Sels-Museum mit Unterstützung der Jubiläumsstiftung der Sparkasse Neuss und des Vereins der Freunde und Förderer des Clemens-Sels-Museums Neuss e.V. anschaffen.

Dabei wurde besonders großer Wert auf Authentizität gelegt.Panzer, Wurfspeer, Schwert und genagelte Militärsandalen ergänzen ab sofort die römische Abteilung und werden dem Besucher das Soldatenleben vor 2000 Jahren plastisch vor Augen führen. Insbesondere bei den museumspädagogischen Veranstaltungen im Clemens-Sels-Museum soll die Ausrüstung als Anschauungsmaterial für Kinder und Jugendliche in Zukunft zum Einsatz kommen. Alle Objekte sind daher voll funktionsfähig und das Anfassen ist ausdrücklich erwünscht.

Schwert (gladius)
Die Hauptwaffe des römischen Infanteristen war das Schwert. Bis in das späte 2. Jahrhundert hinein waren die Legionäre mit dem gladius, einem kurzen Stichschwert mit breiter Klinge, ausgerüstet. Die Schwertscheide (vagina) bestand aus zwei lederbezogenen Holzbrettchen mit bronzenen Beschlägen und einem Ortbandknopf an der Spitze. Sie besaß zwei Zwingen mit Ringen, die zur Befestigung am Waffengürtel (cingulum) bzw. an einem eigenen Schwertgurt (balteus), der über der Schulter getragen wurde, dienten.

Wurfspeer (pilum)
Das pilum war neben dem Schwert die Hauptwaffe des Legionärs im 1. bis 3. Jahrhundert. Es bestand aus einer 30 bis 60 Zentimeter langen Eisenstange mit gehärteter Spitze, die mit einer Tülle auf einen Schaft aus Eschenholz montiert war. Ein pilum dürfte - je nach Ausführung - ein bis drei Kilogramm gewogen haben. Durch sein Gewicht besaß der Speer eine hohe Durchschlagskraft, die auch Schilde und Panzer durchbrach. Gut geübte Legionäre konnten ein pilum vermutlich über 30 Meter weit werfen. Blieb das pilum in einem gegnerischen Schild stecken, verbog sich die lange weiche Eisenstange und wurde unbrauchbar. Der Gegner konnte es nur unter großen Mühen herausziehen nicht mehr für einen Gegenangriff verwenden. Eine zu Beginn einer Schlacht auf einen nur unzureichend gepanzerten Gegner abgefeuerte Pilensalve dürfte empfindliche blutige Verluste verursacht haben, zumindest aber einen Großteil der gegnerischen Schilde unbrauchbar gemacht haben.

Kettenhemd (lorica hamata)
Den Körper schützte ein aus vielen kleinen Eisenringen gearbeiteter Kettenpanzer. Bis in die erste Hälfte des 1. Jahrhunderts gehörte das Kettenhemd, die lorica hamata, zur Standardausrüstung jedes Legionärs. Es bestand aus rund 30.000 kleinen Eisenringen, die zu einem weiten, ärmellosen "Hemd" verbunden waren. Die Schultern wurden durch eine Aufdoppelung geschützt, die über der Brust mit einem Riemen oder zwei Haken zusammengehalten wurde. Durch seine Elastizität und Festigkeit bot der Kettenpanzer einen wirksamen Schutz gegen Schwerthiebe und Speerwürfe. Allerdings lag sein Gewicht bei acht bis neun Kilogramm.

Schienenpanzer (lorica segmentata)
Der Schienenpanzer, als Ausrüstung römischer Soldaten bestens bekannt aus den Asterix-Heften, löste in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts das Kettenhemd als Standard-ausrüstung der Legionäre ab. Er bestand aus einem komplizierten System beweglicher, ineinander geschobener Eisenschienen, die auf Riemen genietet und mit Haken und Schnallen untereinander verbunden waren. Der Schienenpanzer war schneller (und somit billiger) herzustellen, eignete sich besser für eine Massenproduktion und war mit einem Gewicht von nur zwei bis drei Kilogramm bedeutend leichter! Im 3. Jahrhundert kam der unbequeme Schienenpanzer aber wieder aus der Mode, während Kettenhemden bis in das Mittelalter in Gebrauch waren.

Kittel (tunica)
Das Grundkleidungsstück aller Römer war die Tunika, ein langer Kittel aus Wollstoff. Unter ihr wurde eine Leinentunika als Unterwäsche getragen. Auch die Soldaten waren mit dem langen, "T-shirt"- artigen Bekleidungsstück, der gleichermaßen von Männern wie Frauen getragen wurde, bekleidet. Hosen waren nämlich im 1. Jahrhundert nach Christus bei den Römern noch unbekannt.

Militärgürtel (cingulum militare)
Der Militärgürtel, das cingulum militare, galt als Symbol und Erkennungszeichen des Soldatenstandes, da es in römischer Zeit noch keine Uniformen gab. Im 1. Jahrhundert trug man einen metallbeschlagenen Waffengürtel für das Kurzschwert. An ihm hing ein Gürtelschurz, der aus herabhängenden, mit Metallplättchen besetzten Leder-streifen bestand.

Militärstiefel (caligae)
Die Soldatenfüße steckten in genagelten Militärsandalen, den Caligae. Der Kaiser Caligula Gaius Caesar Augustus Germanicus (* 31. August 12 in Antium - †  24. Januar 41 in Rom), postum bekannt als Caligula, war von 37 bis 41 römischer Kaiser. Der Name Caligula (lateinisch: "Soldatenstiefelchen", Diminutiv zu caliga) ist von den genagelten Soldatenstiefeln der Legionäre abgeleitet, den caligae, welche die Rheinlegionen für den mitreisenden Sohn ihres Oberbefehlshabers Germanicus anfertigen ließen.

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